Orgelkonzert mal anders

Am Samstag schrieb ich im Fediverse: „Als Organistin musst du vor allem eines sein: flexibel.“

Was war geschehen?

Wir hatten uns an einem sonnigen Samstagmorgen in Richtung Thüringen aufgemacht. Ich wollte mein Programm „Zwei große Musikerfamilien“ auf Schloss Tenneberg spielen, auf der kleinen, aber feinen Thielemann-Orgel. Dass ich dort immer mal wieder zu Gast sein darf, freut mich und das Engagement von Herrn Raimann, der unermüdlich Konzerte organisiert, ist wunderbar.

Auf dem Schlossberg angekommen packte ich frohgemut Orgelschuhe und Noten aus und machte mich ans Werk. Ein bisserl einspielen, Registrierungen testen, horchen, spielen, warm werden. Warm wurde mir dann ganz schnell, als am Notenpult erst das Licht ausging, dann die Windversorgung des Instruments immer weniger wurde und die Orgel schließlich mit einem Seufzer verstummte.

Leider ließ sich das Problem nicht so einfach beheben.

Was also tun? Ich fragte nach einem Flügel, den es im Schloss aber leider nicht gibt. Ein Cembalo sei eventuell vorhanden, aber wir erfuhren, dass es auch nicht spielbar war. Der zuständige Orgelbauer war just an diesem Tag nicht vor Ort, da auf einer Tagung.

Die Menschen nach Hause schicken? Auch irgendwie keine Option.

Dann hatte Herr Raimann die zündende Idee: im Nebenraum des Schlosscafés gibt es ein Klavier. Ob ich mir das mal anschauen wollte?

Selbstverständlich wollte ich. Da stand ein hübsches altes Zimmermann-Klavier, vermutlich irgendwann um 1900 gebaut. Dezent verstimmt, ja, durchaus, aber die Mechanik war weitgehend in Ordnung und da mein Klavier zuhause auch aus dieser Zeit stammt, bin ich mit alten Schätzchen dieser Art recht gut vertraut und weiß, was ich ihnen zumuten kann und was nicht. Virtuose Klavierliteratur hatte ich eh nicht im Gepäck, denn schließlich wollte ich eigentlich ein Orgelkonzert spielen.

Während Herr Raimann einen entsprechenden Aushang vorbereitete, um auf die Planänderung hinzuweisen, machte ich mich daran, mein Programm ans Klavier anzupassen.

Und so spielte ich Musik der Familie Bach und der Familie Unbekannt auf einem Zimmermann-Klavier in Wohnzimmeratmosphäre und hatte dank der großartigen Unterstützung der Schlosscafé-Wirtin und von Herrn Raimann einen vergnüglichen Konzertnachmittag – und, das ist Ehrensache, ich komme natürlich wieder, sobald die Orgel repariert ist, und spiele das Programm dann so, wie ich es ursprünglich vorhatte.

Mein Dank geht auch an die Menschen, die eigentlich ein Orgelkonzert hören wollten und dennoch geblieben sind, um sich Musik auf dem Klavier anzuhören. Mir hat es Spaß gemacht und vielleicht sehen wir uns ja wieder, wenn ich beim nächsten Besuch auf dem Schlossberg wie geplant auf der Orgelbank Platz nehme.


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